Biographie

1960 Barbara Helbig in Köln geboren.
Malerei und Zeichnung seit frühester Kindheit.
1979-85 Architekturstudium RWTH Aachen und
TU Wien; Diplom.
seit 1980 Reisen und längere Aufenthalte in Italien.
1985-86 Kunstakademie Florenz.
1986-88 Arbeit als Architektin in München.
1988 Gründung des Architekturbüros mit Walter Thiess in Köln.
Zahlreiche Wettbewerbserfolge, öffentliche und private Bauten.

Parallel dazu Malerei und Zeichnung.
Aufträge für Portraits, wandfüllende Mauerschattenbilder und Wasserbilder, Proszeniumsbild im Theater.
Ausstellungen und Projekte im In- und Ausland.
Vier Kinder.
Barbara Thiess lebt und arbeitet in Köln.

Aus „34 Jahre zugeschaut", Walter Thiess, 2013:

Portrait-Zeichnungen seit frühesten Kindestagen, Kopistenarbeit im alten Wallraf-Richartz-Museum oder nach Vorlagen in Kunstbänden des Vaters, dann fast täglich Portraits der glücklicherweise ausreichend großen und ausreichend duldsamen Familie. Große Portraitaufträge in Öl, aber lieber noch die Arbeit mit Bleistift und Kohle: teils von einer Genauigkeit im Geiste des hochverehrten Dürer, teils rasend schnell hingeworfen, weil nur wenige Minuten zur Verfügung stehen. In den letzten Jahren die Idee, Portraits aus dem Dasein der kleinen Rahmen über der Kommode zu befreien: sie sollen Räume prägen, den großen Wasser- und Schattenpanoramen ebenbürtig, und das am besten überlebensgroß und in Petersburger Hängung.

Regenvogelbilder nicht als exotische Reminiszenz oder ökologischer Aufruf, sondern Abbild der Fülle der Natur in nächster Umgebung: triefende Wälder nach Regengüssen, Orchester der Vogelwelt. Die gemalten Exemplare als Stellvertreter für ihren im Bild nicht darstellbaren Gesang (die Melodien werden aber in Notenschrift festgehalten). Wie selbstverständlich jahrelang die ebenso nasse Aquarelltechnik, tropfende Arbeitstische mit immer größer werdenden Papieren. Dann später, eher zufällig, durch Resteverwertung alter Leinwandstreifen der Versuch in Öl – maltechnisch das Gegenteil, im Ergebnis kaum zu unterscheiden.

Wasserbilder seit 1996; zunächst aus großer Höhe mit Küstenlinien und Schiffen, gemalte Luftbilder, Planquadrate des Wassers; dann immer weiter heran zoomend sich dem eigentlichen Phänomen nähernd wie ein Naturforscher: die Reflexion des Lichts auf den Wellen, deren fokussierte Lichtlinien auf dem Grund, Wasser als Medium zwischen Transparenz und Reflexion. Pures Wasser ohne Anfang und Ende, Felsen nur zufällig, falls gerade zur Hand. Technik hier immer Öl, aber aufgetragen wie Aquarell: ganz dünn, oft die Leinwand durchschimmernd lassend. Viel Beobachten, mit dem Skizzenblock und hochgekrempelten Hosen im Wasser stehend (immer tyrrhenisches Mittelmeer, manchmal auch Süßgewässer), anschließend schnell an die Staffelei und das Gesehene und Gezeichnete auf kleine Öl-Formate übertragend. Daraus später Diptychen und Triptychen in Großformat.

Mauerbilder sind eigentlich Schattenbilder. Diesmal der Schatten das Phänomen: eine Fortsetzung der Forschungsarbeit am quirligen Wasser, übertragen auf die weitaus ruhigere Projektionsfläche Mauer. Wichtig hier : der Maßstab 1:1.

Beobachtung, Probezeichnungen im Ausschnitt, regelrechte Entwurfsarbeit vorweg; dann das Arbeiten in Öl, Schicht um Schicht, langsam sich herantastend, bloß nichts übermalen müssen. Daher die lange Bearbeitungszeit von vielen Monaten, manchmal Jahren. Anfangs Bilder voller Opulenz (Blattwerk, Früchte), später immer stärker allein auf den Schatten abzielend. Eigentlich ist es eine Variante der Fresko-Malerei in ihrer raumprägenden Absicht. Auch hier spielt Illusion eine Rolle. Nur wird nicht der Raum aufgebrochen mit einer Perspektive in die Unendlichkeit (Landschaft, Himmel), sondern im Gegenteil werden die Raumgrenzen betont. Aber diese sehen plötzlich ganz anders aus, man wähnt sich in einem hortus conclusus und weiß doch, dass es nicht stimmt. Anders als bei Fresken kann man die Bilder unter den Arm nehmen und woanders aufhängen.

Procida: und schließlich noch ein paar Worte über eine kleine Insel im Golf von Neapel. Hier entdeckte Barbara Thiess 2006 „ihre" erste Mauerschattenwand. Viele Reisen sind gefolgt. Die meisten der Mauerbilder haben auf dieser Insel ihren Ursprung, sind genau verortet. Die Insel ist dicht bebaut, der Rest sind Gärten, stets mit hohen Mauern eingefasst. Riesige Zitronen (Limoni pane) und Orangen auf fruchtbarer Vulkanerde: paradiesische Verheißungen, die über abbröckelnde Mauerkronen ragen. Die „terra pozzolana“ als Baustoff für aberwitzige Wölbungen, Treppen, Mauern, Dächer: hier hat sie nicht zum Pinsel, sondern zum alten Wellkarton gegriffen und einen Ausschnitt davon als Modell gebaut.